„Neuregelung der Parteienförderung“. Klingt super. Weil man sich als Bürger ja denkt: Hey, cool. Endlich „passiert da einmal etwas“. Das was die Regierung plant, ist aber nichts anderes als ein Anschlag auf die Demokratie! Mit einem ganz klaren Hintergedanken: Zu den bestehenden Hürden (Sammeln von Unterstützungserklärungen) soll nun noch die finanzielle Hürde für etwaige neue politische Mitbewerber möglichst hoch gehängt werden.

Zwei Aspekte der geplanten Neuregelung verdienen daher besondere Beachtung und sind mit Vorsicht zu genießen:

  • Abschaffung der Wahlkamfkostenrückerstattung
  • Vereinheitlichung der Parteienförderung

Abschaffung der Wahlkampfkostenrückerstattung

Die Wahlkampfkostenrückerstattung macht einen Bruchteil der in Österreich gesamt ausgeschütteten Parteienförderung aus. Es ist ja bekannt, dass die Parteienförderung für Bundesparteien in Summe ebenso weitaus geringer ausfällt als die Förderung der Landesparteien. Nimmt man dann noch Zuwendungen von Kammerfraktionen und anderen Vorfeldorganisationen dazu, kommt man zu folgendem Schluss: Die Parteienförderung auf Bundesebene ist nur ein geringer Teil, und: die Wahlkampfkostenrückerstattung macht das Kraut kaum fett. Wir sprechen hier von rund 2 EUR pro WählerIn.

Die Grafik im Kurier zeigt deutlich, dass die Parteienförderung je WählerIn in Jahren mit Wahlen (=Wahlkampfkostenrückerstattung) nur unmerklich höher ist als in anderen Jahren.

 

Erwin Pröll hat nun gefordert die Wahlkampfkostenrückerstattung abzuschaffen und sich damit durchgesetzt. Wer Erwin Pröll kennt, der weiß, dass dahinter Strategie und ein Plan stecken muss: Der Plan lautet nicht der Politik weniger Geld zur Verfügung zu stellen. Nein. Der Plan ist simpel: Eine neue Bewegung soll so wenig Chancen wie möglich haben antreten zu können. Für eine neue Bewegung sind 2 EUR je WählerIn immens viel Geld. Neue Bewegungen können abschätzen: „Ok, wir werden 4% oder 5%, das sind so und so viel Stimmen, diese Stimmen multiplizier ich mit 2, das ist das finanzielle Risiko das ich eingehen kann“. Zudem ist in der derzeitig gültigen Regelung die Wahlkampfkostenrückerstattung bereits ab 1% der gültigen Stimmen vorgesehen.

Keine Wahlkampfkostenrückerstattung heisst: Demokratieabbau

Für die KPÖ z.B. bedeutet die Wahlkamfpostenrückerstattung 150.000 EUR. Für eine Partei, wie das BZÖ, waren es 1,5 Mio EUR. Für eine neue Bewegung sind 1 Mio EUR extrem viel Geld. Nehmen wir an: Piraten oder eine Linkspartei kandidieren. Schaffen 5%. Das ist ja realistisch. Mit der derzeitigen Regelung: Ok, die nehmen sich einen Kredit über 600.000 EUR, weil sie fest dran glauben es zu schaffen und bekommen die 600.000EUR dann eh über die Wahlkampfkostenrückerstattung zurück. Neuregelung: Sie kriegen nix. Das ist für Altparteien (wir erinnern uns: Wahlkampfkostenrückerstattung ist vom gesamtem Kuchen ein Würschtl-Betrag) weniger schlimm, die kriegen überall die Kohle her. Aber für die Neuen?

Für Stronach kein Problem. Für Bürgerbewegungen? Eine kaum nehmbare Hürde.

Das System will sich vor neuen Parteien also schützen. Und wird damit durchkommen. Normalerweise müsste ein Aufschrei durch das Land gehen!

Vereinheitlichung der Parteienförderung

Je nach Bundesland ist die Parteienförderung total unterschiedlich. Die Regierung plant dies nun einheitlich zu regeln. Als gelernter Österreicher kann man vermuten, dass die Neuregelung in Summe den Parteien nicht weniger, sondern sogar mehr Geld bringen wird.

Die Daten von Hubert Sickinger zeigen deutlich wie unterschiedlich die Parteienförderung pro Wahlberechtigtem zur Zeit ist.

Auffallend: Wien hat die mit Abstand höchste Parteienförderung, obwohl es das flächenmäßig kleinste Bundesland ist.

 

Warum das von Relevanz ist? Nun. Parteiarbeit heisst natürlich für die Parteien bei den Bürgern vor Ort zu sein. Parteien haben daher Ortsparteilokale, Bezirksgeschäftsstellen und vieles mehr. Der finanzielle Aufwand in flächenmäßig großen Bundesländern ist daher natürlich ungleich größer als in kleineren. Es braucht andere Strukturen, der Aufwand ist größer, daher sind unterschiedliche Höhen in der Parteienförderung an sich nichts schlechtes. Im Gegenteil: Politik bürgernah zu gestalten kostet aus angeführten Gründen in einem Bundesland halt mehr oder weniger als in einem anderen.

Die einheitliche Regelung wird (würde) viele Verlierer und viele Gewinner bringen. Einige, wie z.B. die burgenländischen Parteien würden deutlich mehr bekommen, anderen würden deutlich weniger bekommen. Weniger bekommen? Politische Parteien die sich selbst 30% oder mehr wegnehmen? In Österreich? Klar. Und die Erde ist eine Scheibe. Am Ende des Tages wird man sehen, dass die Parteienförderung bei Vereinheitlichung mehr kosten wird als vorher. Und: Sie wird den Bedürfnissen und lokalen Begebenheiten nicht mehr Rechnung tragen. Egal mit wem aus dem politischen Betrieb man diskutiert, die Antwort ist stets: „Demokratie muss uns etwas wert sein.“ Ja eh. Ich will jetzt nicht taxaktiv auflisten, warum Österreich und die EU nicht mehr wahnsinnig demokratisch sind.

Die österreichischen Parteien, wie es Lobbyist Jurka in einer „Im Zentrum“-Sendung treffend gesagt hat, kümmern sich um die Dinge, die mit ihrer eigentlichen Bestimmung nix, aber rein gar nix, zu tun haben: Sie vergeben Jobs im öffentlichen und semi-öffentlichen Bereich, sie vergeben Wohnungen, zerstören und fördern Karrieren, checken Umwidmungen, räumen Hürden im Verwaltungsapparat aus dem Weg, helfen oder bekämpfen einen.

Wie wärs mal damit, dass sich Parteien wieder damit beschäftigen würden wofür sie eigentlich da sind? „Aber wir müssen ja schauen, dass unsere Leut……“

Aber: Der Plan von Erwin Pröll und den anderen Systemverteidigern wird nicht aufgehen. Es ist alles im Umbruch begriffen. Die Altparteien sind im Niedergang begriffen und merken es nicht mehr. Aber wie sollen sie es auch merken? Wenn jemand nicht einmal merkt, wie weit er sich von den Lebensrealitäten der Menschen entfernt hat, wie soll er dann die politische Realität erkennen? Parteien, die bei der sukzessiven Enteignung von 95% der Bevölkerung mitmachen, (Fiskalpakt, ESM) und das gut finden, sind einfach in anderen Sphären.

Trotzdem und gerade deswegen: Holen wir uns unser Land zurück.

Ob mit Wahlkampfkostenrückerstattung oder ohne.

UPDATE 15:00, 10.05.2012

DER Experte für Parteienfinanzierung und Korruption in Österreich, Hubert Sickinger, hat mich dankenswerterweise auf einen Fehler hingewiesen. Ich habe streng genommen 2 Fördertitel verwechselt bzw. miteinander vermischt. Das Parteiengesetz sieht nämlich vor, dass NUR in den Nationalrat eingezogene Parteien, nach Antrag an das Bundeskanzleramt, eine „Wahlkampfkostenerstattung bekommen“:

„Die Summe der gemäß Abs. 1 gebührenden Förderungsmittel wird berechnet, indem die Zahl der bei der jeweiligen Nationalratswahl Wahlberechtigten mit einem Betrag von 2,21 Euro multipliziert wird.“

 

„Der sich gemäß Abs. 2 ergebende Betrag wird auf die nach der Nationalratswahl im Nationalrat vertretenen politischen Parteien im Verhältnis der bei der Nationalratswahl für sie abgegebenen Stimmen verteilt.“

Auf gut Deutsch: Bis jetzt hatten Parteien, die den Einzug in den Nationalrat geschafft haben Anspruch auf: 2,21 EUR x Anzahl Wahlberechtigte x Anteil an den abgegebenen gültigen Stimmen. Es ist dem Vernehmen nach nun geplant diese 2,21 EUR pro Wahlberechtigtem in die allgemeine Parteienförderung einzubeziehen bzw. einzurechnen.

Diese wiederum sieht wie folgt aus, dass auch Parteien die mehr als 1% machen, den Einzug in den Nationalrat aber nicht schaffen, für dieses Jahr aber in die Ausschüttung der Parteienförderung einbezogen werden.

Konkret heisst das: Es gibt eine Ausgangsbasis im Gesetz zur Förderung von Bundesparteien in der Höhe von rund 16 Mio EUR. Dieser Betrag reduziert sich jedoch in den nächsten Jahren:

„Die Zuwendungen gemäß Abs. 2 betragen 16 164 960 Euro. Dieser Betrag vermindert sich im Jahr 2011 um 3,6 vH, im Jahr 2012 um 5,6 vH, im Jahr 2013 um 6,5 vH und im Jahr 2014 um 7,2 vH.“

Von diesem Gesamtbetrag werden nun je im Nationalrat vertretener Partei (mehr als 5 Abgeordnete und damit Klubstärke sind Bedingung) 218.019 EUR abgezogen.

Der restliche Betrag wird „nach Abzug der Forderungen gemäß lit. a verbleibenden Mittel (Grundförderung von 218.019 EUR je im NR vertretener Partei mit mehr als 5 Abgeordneten, Anm.) gemäß Abs. 1 (…) auf die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien im Verhältnis der für sie bei der letzten Nationalratswahl abgegebenen Stimmen verteilt“.

Und aus diesem Titel bekommen Parteien, die den Einzug nicht geschafft haben ihren Werbekostenersatz. Also grob gerechnet: 16 Mio – GrundförderungxParteien= zu verteilender Kuchen. Und von diesem Kuchen kriegt jeder was.

Hubert Sickinger erklärt die geplante Änderung so: „Wenn es eine neue Partei nicht in den Nationalrat schafft, ändert sich für sie gar nichts. Kommt sie in den Nationalrat, kommt es darauf an, ob die Erstattung gestrichen oder auf die 5 Jahre verteilt wird. Das trifft aber alle Parteien.“

 Fazit: Selbst wenn es alle trifft: Die großen Parteien kriegen dutzende Millionen über Landesparteienförderung, Fraktionsgelder in den Kammern und Gewerkschaften und weiß der Kuckuck woher noch. Die verschmerzen das. Für eine neue Partei ist es unter Umständen neben den Mitgliedsbeiträgen die einzige „Einnahmequelle“ und trifft diese daher ungleich härter.

Wer sich für Parteienfinanzierung interessiert, sollte im übrigen Hubert Sickingers Buch „Politikfinanzierung in Österreich„, erschienen im Czernin-Verlag, sofort bestellen 🙂

Man darf gespannt sein. In Kürze werden wir ja wissen, was die Regierung vorschlägt.