Gestern, Montag, 24.September, war ich zu Gast bei Pro&Contra, einem Polittalk des Privatsenders PULS 4. (Die Sendung zum Nachsehen findest Du hier)

Thema war unter anderem das Polit-Hick-Hack rund um den Untersuchungsausschuss, sowie die Rolle der Medien in Österreichs Politik. Das von mir auf Twitter vorausgeahnte Simmering gegen Kapfenberg zwischen „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner und „Kurier“-Chefredakteur Helmut Brandstätter fand statt. Fellner und Brandstätter führen einige Gerichtsverfahren gegeneinander, im Kern geht es meist um den Vorwurf der Kaufbarkeit. Wir kennen die Vorwürfe alle: Faymann soll ein Modell verfolgen, das lautet: Ich geb Euch Geld, ihr schreibt’s dafür gut über mich. Ein Modell, das Faymann bereits in jungen Jahren praktizierte und nun als Kanzler perfektioniert hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach einer Anzeige durch FPÖ-Generalsekretär Vilimsky; dem Vernehmen nach gibt es mehrere Aussagen von Zeugen, die von Druck auf einzelne Vorstände berichten: entweder man spiele mit oder man könne sich einen anderen Job suchen.

Zurück zur Sendung: Ich habe in meiner Wortmeldung auf 3 Ebenen hingewiesen:

  1. Die Verhaberung zwischen Politik und Medien in Österreich hat ein unerträgliches Ausmaß erreicht. Man kennt sich, schätzt sich und tut sich nicht weh. Die Verhaberung unter Faymann jedoch ist einzigartig: Seine ehemalige Pressesprecherin und nunmehrige -ACHTUNG-NICHT LACHEN!- „Social Media“-Beauftragte Angelika Feigl ist Ehefrau des „Krone“-Innenpolitikchefs Claus Pandi, der mit realitätsfernen, hymnischen Artikeln über Faymann bereits oftmals in den Verdacht geriet, eher PR-Mann des Kanzlers als Journalist zu sein. Der ehemalige Pressesprecher Faymanns Wolfgang Jansky ist der starke Mann bei Eva Dichands „HEUTE“. Und Wolfgang Fellner ist seit Jahrzehnten mit Werner Faymann befreundet. In der Sendung habe ich gesagt: „Wolfgang Fellner ist ein Jugendfreund Faymanns.“ Dies hat Fellner empörtest zurückgewiesen.
  2. Faymann sagt immer, zuletzt auch bei Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der „Grünen“: „Inserieren ist nichts Unanständiges“ bzw. „Inserieren tun alle“. Nun, das stimmt. Ich habe in der Sendung darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit auch inseriert wurde, ABER breit gestreut, in allen möglichen Medien und auf mehreren Kanälen, nicht nur Print, sondern auch Online, Radio, TV etc. Was ist nun anders? Es gibt mehrere Beispiele und auch Schilderungen von Betroffenen, die allesamt eines sagen: „Wir müssen unsere Schaltungen auf Krone, Heute und Österreich konzentrieren“. Argument der Faymann-Clique sei stets: „Wir brauchen Reichweite“. Auch wenn das Lesen von Krone, Heute und Österreich nur schwer erträglich ist, eines sieht man sofort: Im Unterschied zu ALLEN anderen Zeitungen werden hier Artikel geschrieben, die nichts mit Journalismus zu tun haben und nur einen Zweck haben: Faymann in den Himmel zu loben. Er sei der Erlöser. Beispiele: „Euro-Retter“ sei er, der Faymann. Und am absurdesten finde ich, vor allem da Fellner in der Sendung gemeint hatte, es gebe KEINEN Politiker mit Visionen: „AUSTRO-OBAMA“! Die Kronen Zeitung titelte sogar: „TIERE WÜRDEN FAYMANN WÄHLEN“. Und HEUTE berichtet schon mal von einer spektakulären Handy-Rettung des Bundeskanzlers. Da gibt es nur 2 Möglichkeiten: Entweder das sind Gegenleistungen (was ich annehme) und/oder die Schreiberlinge dieser drei Medien haben den Beruf verfehlt. Ebenso habe ich erwähnt, dass die GRÜNEN in Wien dieses Spiel leider mitspielen. Nach Schätzungen fließen rund 15 Mio EUR der Stadt Wien und ihr nahestehender Betriebe Richtung Boulevard – unter Duldung der Grünen.
  3. ALLE politischen Parteien agieren wie Kaninchen vor der Schlange. Es wird nicht mehr das gesagt, wovon man überzeugt ist. Es wird nicht das gefordert, was man will. NEIN. Es wird strategisch abgewogen. „Was sagt die Krone dazu?“ – „Wie kommt das an?“ – „Kann uns das für etwaige Koalitionen schaden?“ – „Kommen wir mit der Geschichte in die Zib?“. DAS sind die Überlegungen der Politiker. Und das -pardon- KOTZT mich an. Ich erwarte mir Politiker, die mit jeder Faser ihres Körpers für ihre Inhalte brennen. Ich erwarte mir Politiker, die das tun, was sie sagen. Wunschdenken.

NUN zurück zu Fellner. Er hat gestern empört ausgerufen: „Ich bin überhaupt kein Jugendfreund vom Faymann, ich bin ein Jugendfreund des Herrn Peter Pilz, aber sich nicht vom Faymann.“ Weiter: „Wär auch gut, wenn der Herr Fußi sich ein bisschen an Fakten halten würde und nicht behauptet, ich bin ein Jugendfreund vom Herrn Faymann, was ein völliger Unsinn ist. Ich kenn den überhaupt erst seit er Stadtrat ist.“

Eins nach dem anderen. Zuerst sehen wir uns WAS ich gesagt habe. Ab Minute 9:20, endend mit der oben angeführten Erklärung Fellners.

Ich behaupte nicht zum Spaß, dass Fellner ein Jugendfreund Faymanns sei. Wie also komme ich darauf? Und wie kommt Fellner vor allem auf die Behauptung „ICH KENN DEN ÜBERHAUPT ERST SEIT ER STADTRAT IST“.

Fellner wünscht sich also Fakten. Bitte sehr:

  • Faymann-Interview im Standard vom 15.8.2008. Auf die Frage: „Ist das Zufall, dass Sie derart lückenlos den Boulevard abgedeckt haben? Da drängt sich der Verdacht auf, diese Freundschaften sind strategisch ausgerichtet.“ antwortet Faymann: „Bei der ersten Schülerzeitung, die ich gemacht habe, haben die Fellners gerade ihren Rennbahn Express gemacht. Da trifft man sich, da kennt man sich. Da gibt es Freundschaften, die halten über viele Jahre. Ich lege auch viel Wert darauf, mich um Freunde zu kümmern.“ Aha. Fellner sagt ja, er kenne Faymann erst seit dieser Stadtrat gewesen sei. Komisch. Hat Werner Faymann als Stadtrat eine Schülerzeitung herausgegeben? Auch die Aussage, dass man sich um seine Freunde kümmere, lassen viel Spielraum WIE dieses Kümmern aussehen kann. Inserate vielleicht?
  • Unter dem Titel „Stets zu Diensten“ schreibt „DIE ZEIT“: „Der gute Draht zum Kanzler stammt noch aus Jugendjahren. Damals gab Faymann in Wien die Schülerzeitung Spukschloss Henrietta heraus, Fellner in Salzburg den Rennbahnexpress. »Da trifft man sich, da kennt man sich. Da gibt es Freundschaften, die halten über viele Jahre«, sagte Faymann 2008. Ende der siebziger Jahre machte der spätere SPÖ-Kommunikator Joe Kalina die Schülerzeitung Spektrum. Das billige Büro im Jugendzentrum Zeltgasse teilte er sich mit den Fellner-Brüdern, die dort den Rennbahnexpress weiterproduzierten.“
  • Harald Fidler, Medienredakteur des „STANDARD“ hat eine Biographie über Wolfgang Fellner geschrieben. In der Rezension von „GAP“ gibt es zwei Passagen, die näherer Betrachtung dürsten: „Als roter Faden durch alle von Fellners meist sehr lukrativen Aktivitäten zieht sich dabei die SPÖ – besonders das langjährige Win-Win-Gegengeschäft mit dem gern und üppig Anzeigenseiten buchenden nunmehrigen Bundeskanzler Werner Faymann.“ Und: „Wolfgangs wilde Wut beim breitenwirksamen Inszenieren von Storys und Skandalen, echten und dazu erhobenen, beim Einspannen von Promis, beim Vorausschreiben von Ereignissen. Gepaart mit seinem manischen Marketingtrieb, unterstützt durch seinen Bruder. Helmuths Beharrlichkeit, potenzielle Werbekunden zu überzeugen, wobei Helmuth sich stets auf redaktionelle Rückendeckung des älteren Bruders verlassen kann.“ So funktioniert das bereits beim Rennbahn Express, den das blutjunge Salzburger Brüderpaar in den 70er Jahren zur damals tonangebenden Jugendzeitschrift des Landes machte. Es funktioniert bei Basta, News und TV-Media. Bei E-Media, davor einigermaßen bei Format, nun eher nicht so ganz beim täglichen Billigblatt Österreich.“
  • DIE PRESSE vom 11.8.2008 schreibt unter dem Titel: „Die Macht im Hintergrund“: Wolfgang Fellner kennt Faymann aus jenen Tagen, als der „Österreich“-Herausgeber noch den „Rennbahn Express“ redigierte.“ Wie überhaupt der ganze Artikel sehr, sehr lesenswert ist, was das Netzwerk Werner Faymanns betrifft.
  • Mehr Details listet „STANDARD“ in einer ausgesprochen toll gemachten Grafik zum Inseratennetzwerk von Werner Faymann auf. Wieder: es wird einem übel.

Nun gut. Sollte ich Herrn Fellner mit der Aussage, er sei ein Jugendfreund Werner Faymanns sein, beleidigt haben (was man ja auch als Beleidigung sehen könnte, Anm.) oder damit die Unwahrheit gesagt haben: sorry, hab ich mich um 2 oder 5 Jahre vertan. Sollte es stimmen, dass Herr Faymann noch als Stadtrat eine Schülerzeitung herausgegeben haben, dann ebenfalls: sorry, hab ich mich vertan.

Es gibt 4 Möglichkeiten: Ich sage die Unwahrheit. Fellner sagt die Unwahrheit. Faymann sagt die Unwahrheit. PRESSE, STANDARD, ZEIT, FIDLER und viele mehr sagen die Unwahrheit. Wer Inseratenpreise kalkulieren kann, sollte auch die Grundzüge der Wahrscheinlichkeitsrechnung beherrschen.

P.S. Der Untersuchungsausschuss muss alles aufklären. Wenn er das nicht tut, dann wird sich die Zivilgesellschaft wehren. Nächste Möglichkeit: SPÖ-Bundesparteitag in St. Pölten, 13. Oktober.