Szenen des Wahlabends. Ich war im Rahmen meiner Wahlparty-Tour auch bei der SPÖ zu Gast und habe viele alte FreundInnen getroffen. „Hey, was tustn Du da? Kommst wieder zurück?“ – „Nein, ich hüpf nur von Partei zu Partei herum.“ – „Ah, eh wie immer.“ – Gelächter.

Nach dem gemeinsamen Puls4-Wahlschauen fuhr ich mit Andi Babler zu den Genossen und durfte Bemerkenswertes beobachten. „Die Faymann-Partie“ stand im Abseits. Sie wurde, wie es so schön heißt, geschnitten. Wunderbar im Bild festgehalten übrigens von Matthias Cremer in einer Ansichtssache im STANDARD.

Ja, es wurde bei den Roten wieder mal gefeiert. Viele Medien berichten, dass es ja merkwürdig sei, dass eine Partei ein Minus feiern würde. Stimmt, aber auch nicht.

Die SPÖ hat nicht gefeiert, dass sie „nur“ 5 Prozent verloren hat. Die SPÖ hat gefeiert, weil sie nun das Rezept gegen ihren eigenen Untergang gefunden hat. „Werte“, „Haltung“, back to the roots.

Die SPÖ hat in den letzten Jahren viele ihrer Grundsätze verraten und erreicht die Menschen nicht mehr. Stiftungssteuersenkung, Bankenrettungen, ESM und so viele dümmlichen Aktionen mehr. Sie waren und sind allesamt nicht sozialdemokratisch.

Der Wahlkampf der Wiener SPÖ und von Michael Häupl war: sozialdemokratisch.

Die Währung mit der in der Politik bezahlt wird: Glaubwürdigkeit. Diese Glaubwürdigkeit ist, einmal verloren, wahnsinnig schwer zurückzuholen. Aber es ist nicht unmöglich.

Das wichtigste Signal dieser Wahl nach innen (und außen) war: Mit Haltung, sozialdemokratischen Werten und klarem Profil können wir etwas gewinnen. So kann es gelingen, die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.

Und da beginnt das große Problem von Werner Faymann. Granden im SPÖ-Zelt: „Schau, das Problem mit dem Werner ist ganz einfach. Es glaubt ihm keiner mehr was. Selbst, wenn der bis 2018 alles richtig machen würde und übers Wasser gehen könnte: Die Leute würden sagen, schau, der Trottel kann nicht einmal schwimmen.“

Es geht um Haltung. Und es geht um sozialdemokratische Grundsätze, um rote Linien, die man definieren und halten muss.

Das hat Wien gezeigt. Den Ländern, den Gewerkschaften, dem Bund.

Mit Haltung und entschlossenem Durchsetzen und Halten sozialdemokratischer Grundsätze kann die SPÖ wieder nach oben kommen.

Werner Faymann ist ein exzellenter Machtpolitiker, der am Wahltag gar auffällig die Nähe der Wiener Genossen suchte. Werner Faymann mag für vieles stehen. Für Haltung und das kompromisslose Einstehen für sozialdemokratische Grundsätze steht er hingegen nicht. Und darum wird es für ihn jetzt eng. Sehr eng.

P.S. Wie müsste man heute auftreten, aber vor allem: was müsste man als SPÖ-Politiker sagen, wie offen die eigenen Schwächen ansprechen, wie den Menschen das Gefühl geben, dass man ihnen zuhört? All das kann man erahnen, wenn man sich die Rede des steirischen Landesrates und ehem. SPÖ-Delegationsleiters im EU-Parlament Jörg Leichtfried ansieht. Ich hatte nasse Augen und Feuer im Herzen. ANSCHAUEN!