Der Frust in der Bevölkerung steigt. Die Regierung versteht sich nur noch in der Kunst den Frustpegel zu erhöhen, es geht nichts mehr. Gleichzeitig befindet sich die FPÖ in einem stabilen Höhenflug, Umfragedesaster hin oder her, sie liegt bundesweit klar an erster Stelle. Die ÖVP will eigentlich nicht mehr mit der SPÖ, die SPÖ will regieren, das tut sie, also ist sie zufrieden.
Ja, ÖVP und SPÖ haben eindrucksvoll und ausufernd bewiesen, dass das Modell SPÖ/ÖVP keine Existenzberechtigung mehr hat. Sie können nicht, sie wollen nicht, sie tun auch nicht.
Es schreit förmlich nach einem Regierungswechsel, doch hier beginnt das Problem. Fahrlässig sind jene, die meinen, dass die Regierungsbeteiligung der FPÖ eine echte Option sei. Die wollen zwar, aber können genauso wenig. Geradezu zynisch ist es, eine Regierungsbeteiligung der FPÖ mit dem Argument, dies würde sie entzaubern, herbeizureden. Es ist nicht Aufgabe der Politik eine Partei zu entzaubern, sondern für uns, den Souverän, Politik zu machen, unser Steuergeld zu verwalten und die Segel Richtung Zukunft zu setzen.
Die FPÖ ist vor allem aber deshalb keine Option, weil wir in Zeiten sich verschärfender Konflikte an den Trennlinien unserer Gesellschaft mehr Einigkeit und nicht mehr Spaltung so dringend brauchen. Man könnte ja sagen, dass man über Nazi-Rülpser und fortgesetzen Rassismus hinwegsehen könne, wenn es nur der Sache dienen würde, der res publica. Nun, erstens tut es das nicht und zweitens: Nein, kann man nicht. Darf man nicht.
SPÖ und ÖVP können es nicht. Mit der FPÖ geht es nicht. Willkommen im Dilemma der österreichischen Innenpolitik. Was also sind die Zukunftsaussichten?
Man kann natürlich noch immer darauf hoffen, dass SPÖ und/oder ÖVP sich endlich dazu aufraffen sich selbst zu erneuern.
Die ÖVP ist in der verzwickten Situation bevor sie überhaupt in den Interessensausgleich mit der Sozialdemokratie geht, diesen Ausgleich in ihren eigenen Reihen herstellen zu müssen. Das ist in Zeiten wie diesen schlichtweg unmöglich: Was kommt heraus, wenn man zuerst einen Interessensausgleich zwischen Bauern, Unternehmern, Kämmerern, Angestelltenvertretern, Beamtengewerkschaftern und anderen Gruppen finden muss? Richtig: Nichts Gutes. Und mit diesem schlechten Ergebnis geht man dann erst in die Verhandlungen mit der SPÖ. Das kann nichts werden. Die Interessen und Wünsche von Unternehmern stehen den Interessen und Wünschen von Beamten diametral gegenüber. Es wäre doch ehrlicher, würde sich eine Unternehmerpartei bilden, die die Interessen dieser vertritt und sich so diese unsäglichen Abtäusche ersparen würde.
Die SPÖ ist… Falsch, die SPÖ steht für…. Nun, richtig ist, dass die SPÖ den Kanzler stellt. Ebenso richtig ist, dass die SPÖ keine sozialdemokratische Politik mehr verfolgt, weil sie ausschließlich machtpolitisch geführt wird. So lange man an der Macht bleibt ist die Bewegung „erfolgreich“. Es geht nicht mehr darum, dass man etwa eine Vision für ein soziales, gerechtes Österreich entwerfen und durchsetzen würde, gar wolle. Das ist zur Nebensächlichkeit verkommen. Die SPÖ ist für jede Form einer Reformregierung in ihrer derzeitigen Verfasstheit zu vergessen, außer der Druck der anderen Regierungspartner zwingte sie zu progressiver Politik. die verlorenen Glaubwürdigkeit herzustellen, das wäre eigentlich die oberste Aufgabe der Partei. Es sind hier keinerlei Schritte zu beobachten.
Die Freiheitlichen sind die Freiheitlichen.
Die Grünen sind zur Partei der Kür geworden. Schon entstehen Diskussionen, ob nicht ein linkspopulistischer Kurs helfen könne künftig wieder Protestwähler_innen anzusprechen. Das wird total glaubwürdig sein, während man selbst in vielen Landesregierungen sitzt. So stellt sich der kleine Maxi, in dem Fall der kleine Peter, die Politik vor. Es wird den Grünen trotzdem nicht erspart bleiben Antworten (auch) in zentralen Fragen des Lebens (Jobs, Wohnen, Gesundheit, Pflege) zu suchen und zu geben. Begrünte Stadtteile sind nett. Aber nett ist die kleine Schwester von eh schon wissen.
Die NEOS wollen regieren. Ich sage, dass es die NEOS auch mit Sicherheit könnten. Bloß, egal in welcher Konstellation, es wäre wohl ihr sicherer Tod. Was sollen die Pinken denn gegen Rot oder gegen Schwarz durchsetzen? Solange sich SPÖ und ÖVP nicht erneuern, passiert hier einmal genau gar nichts.
Dabei wäre es für SPÖ und/oder ÖVP ja praktisch eine Regierungskoalition mit Grünen und /oder NEOS anzustreben. Man könnte die zwei Juniorpartner nämlich als „Ausrede“ für dringend notwendige Änderungen der eigenen Politik verkaufen. Vorausgesetzt, dass man das will. Und daran kann man zweifeln. Muss man zweifeln.
Die FPÖ ist also so stark, weil ÖVP und SPÖ so schwach sind. Das ist nicht die schuld der FPÖ.
Die ganzen Debatten um das Mehrheitswahlrecht finde ich hochgradig absurd, es wäre demokratiepolitischer Wahnsinn wenn etwa eine 25%-Partei mehr als 50% der Mandate bekäme. Das ist ein ventilierter Ausweg aus der gegenseitigen Blockade, bloß, es ist keine Lösung und erst recht keine Garantie für eine erneuerte Politik.
Wenn die Parteien es also nicht können, wie wäre es mit uns. Dem Volk. Mehr direkte Demokratie und so. Ja, eh. Regieren können die Parteien nicht, aber Verantwortung übernehmen, Entscheidungen klug abwägen, über Eigeninteressen hinwegblicken: Das können wir nicht.
Man kann es drehen und wenden wie man will. Es ist zur Zeit kein Ausweg auszumachen. Keine Perspektive zu erkennen für die es sich zu kämpfen lohnte.
Am Ende hat Andreas Khol also recht, wenn er meint, dass Österreich nicht zu reformieren sei.
Ja, Rudi, das wissen wir. Aber was ist die Lösung? Nun, ich habe im Moment noch keine. Denn, dass ÖVP und SPÖ mir gleichzeitig die Führung ihrer beiden Parteien, jeweils ausgestattet mit voller Handlungsmacht übertragen, ist dann doch eine Sache, die nur des nächstens in meinen Hirn stattfindet. Aber ich wäre eine guter Diktator. Ehrlich!