In meinem letzten Blogbeitrag habe ich analysiert wie die Wählerschaft von Trump, Hofer und Co. tickt.  

Es gab viele Reaktionen auf den Blogpost, was mich naturgemäßt freut. Eine Frage dominierte: „Ja eh, das wird schon so sein. Aber was kann man tun? Da steht ja wieder keine Lösung drin.“

Diese Frage beschäftigt mich seit Jahren, natürlich auch, weil diese Frage auch viele meiner Kunden aus dem politischen Bereich beschäftigt. Ich bin der festen Überzeugung, dass der einzige Weg für etablierte Parteien und politische Institutionen eine komplette Schubumkehr in der bisher praktizierten, primär dem Machterhalt dienenden Politik braucht.

Mein Glaube an Willen und Machbarkeit ist sehr begrenzt, ich halte es in Kenntnis der Situation eigentlich für denkunmöglich bzw. sehr unwahrscheinlich. Ein richtiger Bruch setzt voraus, dass die jeweiligen Herrschenden das wollen und auch umsetzen können. Nehmen wir ein praktisches Beispiel: Wenn es um das „wollen“ geht: Stellen wir uns vor, dass Mitterlehner und Kern zur Einsicht gelangten, dass man bei sich selbst sparen, den aufgeblähten Parteienstaat reduzieren und ein Steuersystem schaffen müsse, das Arbeit niedriger besteuert als Kapital. Never. Ever.

Selbiges gilt für das „können“: Selbst wenn Mitterlehner oder Kern den Klientelismus aufgeben wollten, sie könnten es nicht. Die beharrenden Kräfte würden die beiden Herren schneller „umbringen“ und austauschen als die beiden „Muh“ sagen könnten.

Dazu kommt, dass bei, der sich verfestigten Stimmung gegen „die da oben“ eben „die da oben“ nicht jene sein können, die von dieser Stimmung profitieren könnten bzw.  glaubwürdig wären.

Warum geht der Protest immer nach rechts? Auch diese Frage stellen viele. Muss das zwingend so sein? Nein, natürlich nicht. Bei Wahlen entscheiden Stimmungen, das zählt. Bauch – und nicht Hirn. Wenn der gesamte politische Betrieb nun ständig und ununterbrochen das Thema Flüchtlinge diskutiert und dieses Thema auch die Medien dominiert, dann wird jene Partei davon profitieren, die dieses Thema originär treibt bzw. besetzt hat. An dieser Stelle sei wieder einmal mein absolutes Unverständnis gepaart mit blankem Entsetzen geäußert, dass dieses unbestreitbare Faktum noch immer nicht in die Köpfe der Niessls, Doskozils, Sobotkas und unseres Außenministers Kurz eingedrungen ist.

Man muss also auf ein anderes Spielfeld gehen. Fest steht für mich, dass man jenen Wählern, die von Wut getrieben sind, zwingend Schuldige präsentieren muss. Mit Argumenten, Konzepten, parlamentarischer Arbeit, kurz: mit Fakten kann man die nicht mehr gewinnen. Das ist auch nicht weiter schlimm, solange man nach oben und nicht nach unten tritt. Vor allem, da es ja wirklich Schuldige gibt, die man durchaus benennen kann.

Die Linke ist im anständig sein ja hoch erfahren und man meidet den Populismus. Wobei das so auch nicht mehr ganz stimmt, denn „Pensionen sind sicher“ ist ja auch nichts anderes als Populismus.

Ich sage jetzt etwas, das vielleicht so manchen erschrecken mag, aber ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Zweck die Mittel heiligt. Soll heißen: Wenn man unredlich sein, verkürzen, zuspitzen, ja: auch lügen muss im Wettbewerb mit jenen, die unredllich sind, verkürzen, zuspitzen und lügen, um die Reaktion und die Faschisten zu besiegen, dann ist das legitim.

Die FPÖ geht ja nicht hinaus und sagt: „Hey, eigentlich war der Adolf ein cooler Bursche und am liebsten wäre uns eh ein rassenreines Österreich“. Das würde für 5% wohl reichen, für mehr als 10% dann doch nicht. Also spielt man auf soziale Heimatpartei, um das Ziel, die Machtergreifung nämlich, zu erreichen.

Würde ich jetzt am Reissbrett eine Anleitung für eine Politik entwerfen, die die Faschisten und Rechtspopulisten besiegen kann, dann würde ich wohl folgendes empfehlen.

„DAS FEINDBILD“

„Die Politiker“, „die, die es sich richten können“, „das Establishment“, „die Banken“, „gierige Konzerne“.

„DIE SPRACHE“

Einfach, verständlich. Mit Sprachbildern arbeiten, die starke Emotionen auslösen.

„DIE WAHRHEIT“

Die Politiker belügen Euch doch nur. Sie sagen Euch, dass es uns gut geht. Sie sagen Euch, dass die Pensionen sicher sind. Lasst Euch nicht länger belügen.

„WIR SAGEN EUCH, WIE ES WIRKLICH IST“

Aufbau eigener Medien, mit Schwerpunkt auf soziale Medien. Schaffung einer eigenen Welt.

„PROVOKATION UND LAUTSTÄRKE“

Man muss über das Ziel hinausschießen und laut sein. „Wenn wir an der Macht sind, dann sperren wir alle ein, die bei der Hypo Milliarden versenkt haben und nehmen ihnen alles weg. Sollen die mal mit der Mindestsicherung leben.“

„KONZERNE vs. WIR“

Wahnsinn, Amazon und Co. zahlen keine Steuern, während sich der kleine Unternehmer herumplagen muss mit Registrierkassa und anderen Bürokratieverbrechen. Die Menschen zählen ja nimma, die Politik dient eh nur den Banken und Konzernen. Banken werden gerettet und wer rettet uns?

„WIR VERSTEHEN EUCH“

Immer wieder betonen, dass man die Menschen versteht. „Alle sagen mir, dass es so nicht weitergehen kann. Es rennt alles in die falsche Richtung. Warum sagt das keiner?“

„LASST EUCH NICHTS VORSCHREIBEN“

Die Menschen sind die Chefs, nicht die Politiker. Die Menschen entscheiden, wie wir leben sollen und nicht die da oben.

„DAS HEILSVERSPRECHEN“

Wir holen uns das Land zurück. Unsere kleine, heile Welt. In der es jedem gut geht, in der sich Arbeit bezahlt macht, in der wir aufeinander schauen. Wir haben wieder das sagen. Nicht Politiker, Konzerne und Banken.

„DREI MASSNAHMEN“

LEISTUNG. Steuern auf Arbeit deutlich senken, Steuern auf große Vermögen einführen. Keine Pensionserhöhungen mehr für große Pensionen.  Gesetzlichen Mindestlohn einführen.

PARTEIEN. Parteienstaat bekämpfen: Parteienförderung und Politikergehälter kürzen, Parteien raus aus dem ORF

BANKEN. Banken dürfen nur noch Kernaufgaben erfüllen: Kredite vergeben, Einlagen verwalten, Zahlungsverkehr sicherstellen. Gründung einer eigenen Staatsbank für Immobilienfinanzierung, die Kredite zur Wohnraumschaffung vergibt.

Das ist zu guten Teilen unredlich und tut fast weh. Aber es würde funktionieren.

P.S. Natürlich ist das keine Anleitung für etablierte Parteien. Bei Anti-Establishment-Stimmung derzeitiger Ausprägung ist ohnehin egal, was die machen. Man kann es nur falsch machen.