Mein Heimatort Fohnsdorf liegt in der Obersteiermark, im Murtal. Aus dem tiefsten Braunkohlebergwerk der Welt wurde bis 1978 Braunkohle abgebaut. Fast wäre es Steinkohle gewesen, weil sie so hochwertig war, aber hat halt knapp nicht gereicht. Die Fohnsdorfer waren Bergleute. Bis zur Schließung des Bergwerks. Der Ort verlor seinen größten Arbeitgeber, tausende Menschen sind bis heute weggezogen. Zu Spitzenzeiten wohnten über 12.000 Menschen hier, heute sind es 7.500.

Die Häuser waren dreckig, Bergbau ist halt kein sauberes Unterfangen. Jahrzehntelang versuchten die Ortsverantwortlichen dem Ort neues Leben einzuhauchen, den Menschen wieder eine Perspektive zu geben. Arbeitsplätze schaffen, Wohnhäuser sanieren. Das war Zukunftsmusik.

Dann wurde Hans Straner Bürgermeister. Ich kenne den Straner Hans seit meiner Kindheit, schon aus dem Fußballverein. Der Hans ist das, was wir in der Steiermark einen „graden Michl“ nennen.

Der Hans hat mir beim Volksbegehren geholfen. Sehr geholfen. Ohne ihn hätten wir es nie geschafft. Er hat eine Postwurfsendung an jeden Haushalt geschickt, mit der Aufforderung, man müsse das Volksbegehren bereits jetzt zur Einleitung unterstützen und aufs Gemeindeamt kommen. 27% folgten in der Einleitungsphase seinem Aufruf. Rekord in Österreich, bis heute. Und er hat, als ich 2002 bei den NR-Wahlen kandidierte eine Unterstützungserklärung für mich abgegeben, weil „der ist zwar nicht bei meiner Partei, aber kandidieren soll er dürfen“. Ein grader Michl, der Hans.

Der Hans hat dann einige bemerkenswerte Dinge für den Ort gemacht. In Zusammenarbeit mit einem privaten Investor, der über 100 Liegenschaften, ehemalige Bergarbeiterhäuser, gekauft und saniert hat, hat sich das Fohnsdorfer Ortsbild wieder von dreckig auf schön verändert. Dann hat der Hans Investoren dazu gebracht die ARENA zu bauen, das mittlerweile größte Einkaufszentrum weit und breit.  Das hat hunderte Arbeitsplätze gebracht. Wir haben uns alle sehr gefreut und waren sehr stolz auf unseren Bürgermeister. Damit sich ein Kinobetreiber ansiedelt, wurde diesem die Lustbarkeitsabgabe erlassen. Rechtlich sauber wäre es gewesen, so wissen wir heute, dass man die Lustbarkeitsabgabe als Gemeinde zwar kassiert, aber in derselben Höhe als Wirtschaftsförderung zurückbezahlt. Selbes Ergebnis, nur halt ein bissl getrickst. Ok. Soll sein. Tut nichts zur Sache.

Der Hans hat einen Traum gehabt. Die Geschichte Fohnsdorfs war eng mit dem „schwarzen Gold“, der Kohle verbunden. Man hatte nun „flüssiges Gold“ gefunden, Thermalwasser nämlich. „Da bau ma eine Therme“, hat der Hans gesagt. Geglaubt hat niemand daran.

Doch die Therme wurde gebaut. Ein sogenanntes „Leitprojekt“ für die Region sollte sie werden. Aber das Land wollte nicht so mitspielen, wie man es aus anderen Orten in der Thermenregion kannte. Natürlich reiner Zufall, dass der Hans ein Roter war und die anderen Bürgermeister Schwarze.

Der Hans hat keine Sekunde daran gedacht, seinen Plan aufzugeben. Er hat ihn durchgezogen. Die Therme steht heute und die Gemeinde sucht noch immer einen Investor für ein Hotel.

Dann geriet die Gemeinde in finanzielle Schieflage, das Land verweigerte Zahlungen, wir erinnern uns, es ist ein Zufall eben, dass die anderen Thermengemeinden jahrzehntelang durchgefüttert wurden. Der Hans war halt bei der falschen Partei.

Weil die Gemeinde finanziell so marod war hat das Land Steiermark dann einen Aufpasser geschickt und der Hans musste als Bürgermeister gehen. Als der Kommissär weg war, wurde erneut gewählt, der Hans hat dann nicht mehr für die SPÖ kandidiert, weil Voves ihn fallen ließ, sondern mit der „Liste Hans“ und gewann erneut. Weil wir unseren Hans kennen und der Hans den Ort in eine bessere Zeit geführt hat. Das verstehen die Leute von außen nicht, aber die Leute von außen sind uns eher wurscht, so sind wir halt, wir Fohnsdorfer.

Gegen den Hans wurde dann ermittelt und schließlich wurde er angeklagt. Weil er gestohlen hat? Nein, er hat keinen Cent eingesteckt. Sondern wegen dieser Lustbarkeitsabgabengeschichte und weil er ein paar Gemeinderatsbeschlüsse zu spät fassen ließ. Fahrlässig, ja. Aber kein Geschädigter, Formalfehler halt. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Und der Hans hat viel gehobelt.

Plötzlich wurde der Hans von der Justiz und der Opposition regelrecht als Verbrecher behandelt. So eine Situation ist natürlich belastend. Und das Ermittlungsverfahren bis zur Anklage zog sich über Jahre, wie ein Kaugummi. Jahre ziehen ins Land, nichts passiert. Hans‘ Lebensgefährtin hat das nicht mehr ausgehalten und ist, wie man bei uns sagt, unter den Zug gegangen. Sie hat sich umgebracht. Das hat dem Hans, der ein echter Kämpfer ist, den Boden unter den Füßen weggezogen.

Heute wurde Hans in Leoben zu 2 Jahren 10 Monaten unbedingter Haft verurteilt. 2 Jahre 10 Monate Haft. Und es wurde ein Fußfesselverbot ausgesprochen. Man müsse ja ein Exempel statuieren, auch für andere Bürgermeister, die leichtfertig mit bürokratischen Vorschriften umgingen. Aber, es wurde festgehalten: Der Straner Hans hat niemanden geschädigt und keinen Cent eingesteckt.

Ernst Strasser hat seine Fußfessel bekommen, er hat auch Lobbyistenaufträge angenommen und wurde bei der Anbahnung gefilmt.

Peter Westenthaler wurde wegen Betrugs zu 10 Monaten unbedingt verurteilt, 20 Monate bedingt.

Die Politiker, die bei der Hypo Milliarden versenkt haben, sitzen teilweise noch im Nationalrat oder sind auf Steuerzahlerkosten in Pension.

Die Herrschaften, die sich die 183 Mio EUR Schmiergeld beim Eurofighterdeal eingesteckt haben, rennen noch frei herum, sind nicht einmal angeklagt. Auch nicht jene, die es bezahlt haben.

In Wien werden Grundstücke laut Rechnungshofbericht weit unter dem Verkehrswert verhökert, zum Schaden des Steuerzahlers. Alles wurscht.

Der Straner Hans wird ins Gefängnis gehen müssen, wenn das Urteil hält. In seinem Schlussplädoyer hat er gesagt, obwohl ihm davon abgeraten wurde:  „Mir wurde das Liebeste genommen, die höchste Strafe habe ich schon erhalten“ und hat der Staatsanwaltschaft eine „moralische Mitschuld“ am Tod seiner Lebensgefährtin gegeben. Vielleicht wäre es klüger gewesen, das nicht zu sagen. Aber der Straner Hans ist ein grader Michl. So sind wir Fohnsdorfer.

Ich halte dieses Urteil für ein echtes Schandurteil und hoffe sehr, dass dem Hans in der Berufung Gerechtigkeit widerfährt.

Wir Fohnsdorfer sind aus einem eigenen Holz geschnitzt. Der Hans wird das durchkämpfen. Und wir mit ihm.

Eigentlich ist ihm sofort als Akt des Widerstandes die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Fohnsdorf zu verleihen und der Hauptplatz nach ihm zu benennen. Als Dank für seine Leistungen, die er für meine Heimatgemeinde erbracht hat.