Die Hitzewelle ist vorbei, die Plakatwellen rollen. Es ist zeitweise noch möglich der Zeit, die wir spannend und unerträglich zu gleichen Teilen finden, zu entfliehen, aber spätestens wenn unfinanzierbare Forderungen im Stundentakt in die politische Arena geworfen werden, wissen wir: es ist Wahlkampf. Zeit für eine Zwischenbilanz. Wie laufen die bisherigen Kampagnen, was sind die Tops und Flops und wie ist die Stimmung im Lande.

Beginnen wir mit einer kurzen Beurteilung des bisher Gebotenen und widmen uns den Kampagnen der Parteien. Wir tun das in der Reihenfolge der Größe, damit es übersichtlich bleibt. Und damit es einfach ist, bewerte ich die Kampagnen mit den gängigen Schulnoten.

 

SPÖ

Die Sozialdemokratie fährt eine klassische Kernwählerkampagne. Die Plakate haben einen hohen Wiedererkennungswert, in der Kommunikationslinie setzt man ausschließlich auf Kernthemen. Geschickt wird die ÖVP als Partei der Banken und Reichen bezeichnet, Spindelegger als Flip-Flopper (eher unglückliche Strategie, aber ich nehme an, dass die Löwelstraße mittlerweile ähnlich sieht) präsentiert und mit zahlreichen (sozial)politischen Forderungen á la Mindestlohn, Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen, Verlängerung der Bankenabgabe die eigene Klientel bedient. Unspektakulär, fad, aber: wirkungsvoll. Es würde mich nicht überraschen, wenn die SPÖ auch noch einen Pensionistenbrief wie zu Zeiten Vranitzkys nachlegen würde. Was auffällt: die Partei ist nach außen hin geschlossen und da man außer das Notwendigste nichts tut macht man keine Fehler. Macht der Regierungspartner Fehler schickt man die hauseigenen Boulevardmedien aus, um diesem den schwarzen Peter zuzuschieben. Bisher also ein tadelloser, unaufgeregter Wahlkampf. Note: 2+

ÖVP

Die ÖVP hat mit der deutschen Agentur Butter zweifelsohne Profis nach Wien geholt. Die Visuals sind allesamt ansprechend gestaltet, die Gehversuche im Videobereich gelingen, aber: die ÖVP-Kampagne ist genauso fad wie ihr Spitzenkandidat. Was durchaus auch auf die SPÖ zutrifft, mit einem großen Unterschied: die ÖVP begeht Fehler im Tagestakt. Mitterlehner (Höchstarbeitszeit), Mikl-Leitner (Servitenkloster), Fekter (ein einziger Fehler), Spindelegger selbst (Frauenpensionsalter), Karl (legendärer ZiB2-Auftritt), Berlakovich (Biiiiiiiiiiienen) – die ÖVP-Mannschaft lässt kaum ein Fettnäpfchen aus. Die Kampagne selbst versteht wohl nur Generalsekreträr Rauch, Politbeobachter und Journalisten lässt diese ratlos zurück. Die Kommunikationssteuerung der ÖVP ist nicht vorhanden und daher überrascht es nicht weiter, dass die ÖVP von mir eindeutig als eine Verliererin des bisherigen Wahlkampfes zu bezeichnen ist. Schulnote: 3-

FPÖ

Was wird Kickl gegen die Gefahr Stronach einfallen? Diese Frage hat sich nicht nur HC Strache gestellt. Und Kickl hat diese Woche sein Ergebnis präsentiert. Es ist: die Nächstenliebe. Eine Kampagne, die wahrscheinlich aus Zeiten stammt in denen man den 30% näher war als den 15% und die so etwas wie „Hey, wir sind eh cosy und Mitte!“ signalisieren soll. Die FPÖ wird so ihre Kernwähler nicht mobilisieren können und auch im Protestwählerbereich abstinken. Das muss Kickl wissen. Daher ist eine deutliche Steigerung bei der letzten Plakatwelle in Richtung des  Unappetitliche nzu erwarten. Die FPÖ führt den schwächsten Wahlkampf der letzten Jahre und dies obwohl Mikl-Leitner den Recken rund um Strache durch die Abschiebung der Flüchtlinge aus Pakistan zwischenzeitlich Leben eingehaucht hat. Note: 4-5

Grüne

Die unumstrittenen Gewinner des bisherigen Wahlkampfes. In Rekordgeschwindigkeit haben die grünen zum Thema „Umwelt“ das Thema „Korruption“ besetzt und ziehen dies mit dem Slogan „Saubere Umwelt. Saubere Politik“ unbeirrt durch. Die Grünen sind die einzige Partei deren Plakate, Drucksorten, Visuals etc. dank klarer CI-Führung mittlerweile jeder erkennt. Attestiert man der grünen Führungsspitze hin und wieder (zurecht!) „Spaßbremsentum“, so ist die Kampagne auch ein Befreiungsschlag um dieses Image loszuwerden. Die Frage „Wen sollen grün-affine Wähler wählen, wenn sie unsere Kampagne nicht mögen sollten?“ wird folgerichtig und selbstbewusst mit: „Die wählen sowieso uns, wen sonst?“ beantwortet. Die Kampagne spricht die Politikverdrossenen an und erstmals kann die Partei auch in C- und D-Schicht eindringen. Kinspot, Apps – egal was die Grünen zur Zeit angreifen: es schlägt ein und funktioniert. Stefan Wallner tut gut daran den ehemaligen Ö3-Kampagnenprofi Martin Radjabi werken zu lassen. Der Mann versteht sein Handwerk. Hier reift ein „grüner Stefan Petzner“ heran. Note: 1

BZÖ

Josef Bucher ist Geschichte. Er weiß es nicht. Petzner zu entfernen und alle halbwegs bekannten Gesichter gleich mit: unpackbar dumm. Wofür steht das BZÖ? Niemand weiß das. SPÖ- Gerechtigkeit! ÖVP – Wirtschaft! FPÖ- Ausländer! BZÖ? Das BZÖ braucht niemand und das vermittelt diese Partei täglich. Note: 5

Stronach

Es gibt einfach ein Potential an Menschen, die unverdrossen, egal was noch passieren wird vom Lebenswerk des Werkzeugmachers beeindruckt sind. Und ein guter Teil von ihnen wird den Frank auch wählen. Er inseriert Gedichte, die erste Plakatwelle war echt gut und in den TV-Duellen wird er nichts tun können, um die angesprochenen Fans zu vergraulen. Er wird aber nicht in die Wählerschichten von SP und VP eindringen können. Note: 3

NEOS

Respekt! Die Partei hat nur eine verschwindend geringe Chance auf den Einzug in den Nationalrat, aber wie sich die rund um Matthias Strolz versammelten Aktivisten ins Zeug werfen verdient Respekt. Im Social Media-Bereich sind die NEOS imho führend, die Strategie die Spots im wenig gebuchten Vorwahlzeitraum im TV zu schalten: goldrichtig. Ich zweifle daran, dass es im ländlichen Raum reichen wird, aber bei Europawahlen und Wiener Landtagswahlen haben die NEOS eine echt gute Chance zu reüssieren. Note: 1-2

Rest

Irrelevant.

Das imaginäre Duell um Platz 1

SPÖ und ÖVP gehen bewusst in den Infight, um den Mitbewerb medial zu verdrängen. Die Journalisten durchschauen dieses Spiel, aber wenn Faymann und Spindelegger wollen dass dieses Duell im ORF und in den Boulevardmedien stattfindet und herbeigeredet wird, dann wird dies auch passieren. Die Wahrheit ist viel einfacher: die ÖVP hat überhaupt keine Chance auf Platz 1, da haben die Grünen noch eher eine Chance auf Platz 3, aber selbst dies ist aus heutiger Sicht nicht mehr als ein 30:70-Game. Wenn die Opposition es schafft geeint bei Sachfragen den Reformstillstand der Regierung zu attackieren, wird diesem Spiel bald ein Ende gemacht werden.

KEINE Antworten

Wie soll unser Land 2030 aussehen? Wie gehen wir mit den immensen Problemen in den wichtigsten Bereichen unserer Gesellschaft um? Wie bekommen wir das Budget in den Griff und wie schaffen wir Arbeitsplätze? Kommt es nach der Wahl zur Mutter aller Sparpakete? Diese und andere wichtige Fragen bleiben naturgemäß unbeantwortet. Es ist also Wahlkampf. Grauslich irgendwie. Spannend irgendwie.