Na da habe ich mich ordentlich geirrt. Ich habe einen Einzug von Pilz und seiner bunten Truppe eigentlich für sehr unwahrscheinlich gehalten. Für mich war seine Rede am Bundeskongress der Grünen offensichtlich darauf angelegt, sich zu verabschieden. Sich vor einer feministischen Partei auf die Bühne zu stellen und die eigenen Eier lustvoll auszubreiten und dann noch zum Kampf gegen den politischen Islam aufzurufen, das konnte sich nicht ausgehen. Und das musste Pilz als alter Hase wissen.

Die Unterstützung der Kronen Zeitung wird zwar überschätzt, aber die Boykottanschuldigungen gegen den ORF haben Pilz natürlich schon genützt. Die Denke meinerseits war eigentlich: Frühstart, am Schluss wird ihm die mediale Fläche fehlen. Und dann sind drei Dinge passiert, die Pilz wohl entscheidend in die Hände gespielt haben.

Er war in beiden Elefantenrunden der Privatsender ATV und Puls4 der Beste. Das Schlitzohr Pilz wusste die Bühne perfekt für sich zu nützen, mehr konnte man aus diesen beiden Auftritten vor mehreren hundertausend ÖsterreicherInnen nicht herausholen. Da dachte ich mir das erste Mal: Hoppla, das kann doch was werden.

Im direkten Vergleich mit Lunacek war er der energiegeladenere, der, der deutlich machte: Ich will. Das hat Lunacek über weite Streien vermissen lassen.

Das entscheidende Moment kam mit der Affäre Silberstein und der Affäre Puller. In gewissen Teilen der Bevölkerung begann sich eine „San eh olles die gleichen Oaschlecha!“-Stimmung durchzusetzen. Und das ist natürlich die Stunde DES Kontrollors der Mächtigen. Des Aufdeckers. Das war die entscheidende Wende.

Erstaunlich auf jeden Fall, dass Pilz den Einzug ohne nennenswertes Budget, ohne Plakate, ohne Inserate, ohne ORF und vor allem ohne Struktur geschafft hat. Das ist historisch. Keine Frage.

Jetzt ist Pilz drinnen. Mit einem bunt zusammengewürfelten Haufen. „Die Kandidaten sind das Programm“ mag für einen Wahlkampf funktionieren, das ist jetzt vorbei. Jetzt wird sich ein Programm entwickeln müssen und es würde mich nicht einmal wundern, wenn Pilz seine Liste umbenennt in „Die echten Grünen“ oder „Linke Grüne“ oder ähnliches, um den Grünen den finalen Dolchstoß zu versetzen oder sie zumindest weiter zu demütigen.

Die MandatarInnen der Liste Pilz können sich ja streckenweise mehr als sehen lassen. Alfred Noll ist ein hervorragender Intellektueller, ein streitbarer Linker, der seit Jahren mit einem politischen Engagement geliebäugelt hat. Noll ist mit Sicherheit jemand, der mit seiner juristischen Brillanz und Rhetorik für so manche Sternstunde im Parlament sorgen kann. Auch Peter Kolba, oberster Konsumentenschützer des Landes und als selbst betroffener Kämpfer für die Freigabe von Cannabis für Schmerzpatienten ist eine exzellente Personalreserve. Den Rest kennt man kaum. Schwierig wird für diese Truppe auf jeden Fall der Charakter von Pilz. Er ist ein famoser Redner, hat ein untrügliches Gespür für „Gschichten“ und weiß diese auch in Medien unterzubringen. Aber er ist ein Einzelkämpfer, immer schon gewesen. Nicht zuletzt war das ein Grund für die Zerrüttung für die Grünen.

Meine eigenen Erfahrungen mit Pilz bestätigen das: Während Werner Kogler 2002 beim Eurofighter-Volksbegehren sehr viel getan hat, um uns zu unterstützen, war Pilz als Solotänzer unterwegs. Und als ich zum Besuch der NSA-Villa in Währing aufrief und mit ein paar hundert Menschen hinspaziert bin, gesellte sich Pilz dazu und kaperte die Veranstaltung. Das muss nichts heißen für die Zukunft, aber Menschen ändern sich sehr selten. Es würde mich daher nicht allzu sehr wundern, wenn nicht alle MandatarInnen das Ende der Legislaturperiode im Parlamentsklub der Pilze erleben würden.

Und es sind einfach ein paar Dinge, die einen stutzig machen. Pilz hat sich als Bürgerbewegung inszeniert, hat aber auf das Sammeln von Unterstützungserklärungen verzichtet und lieber mit Abgeordnetenunterschriften sein Antreten gesichert. Seine Parteistruktur erinnert ein wenig an einen meiner früheren Klienten. Ein paar Leute, keine Mitsprache, gegründet, nur um Parteienförderung bekommen zu können. Das hat ein Gschmäckle.

Pilz wollte mit seinem Antreten den Freiheitlichen schaden, das war ein aufgerufenes Ziel. Daran ist er formidabel gescheitert, die FPÖ feierte einen großen Sieg. Pilz ging ja sogar soweit, Sprachbilder und Methoden von Jörg Haider zu kopieren. „Wahltag ist Zahltag“ oder „Man muss Österreich silbersteinfrei machen!“. Unappetitlich.

Was macht Pilz nun mit seinem Sieg? Gute Frage. Nun, er wird seine Show weiterspielen und hat die notwendige Bühne dafür. Kann er aus diesem Erfolg eine echte, relevante und nachhaltige politische Kraft formen? Ich glaube nicht. Es schaut ganz nach einem one hit wonder aus. „Wild thing“ sang er am Wahlabend.

Wirklich steil finde ich übrigens, dass es ihm gelungen ist, sich als Kämpfer gegen das System zu inszenieren. Gerade er. Bei seinem Einzug ins Parlament hat er noch vollmundig angekündigt, dass zwei Perioden genug seien. Er wolle ja nicht als Berufspolitiker enden. 31 Jahre war er im Parlament, mit Anspruch auf die Alt-Politikerpension, die höher ist als sein aktives Abgeordneteneinkommen. Er war also gut abgesichert, das Risiko überschaubar. Nun kämpft einer, der seit 31 Jahren im System war ,und bei einer Wiederwahl am Bundeskongress der Grünen weitere 5 Jahre im System geblieben wäre, gegen das System. Glaubwürdig geht anders. Aber dort wo Show ist, stellt man diese Fragen erst, wenn die Show vorbei ist.

Wird er bei Landtagswahlen antreten? Er hält sich bedeckt. Dafür bräuchte er Teams vor Ort. Und wie das mit Teams so ist, wissen wir. Mich erinnert Pilz ein wenig an einen früheren Klienten, wenn es um die Darstellungslust und die eigene Überzeugung von sich selbst geht. Schauen wir mal, wie sich der Gemeindebau-Stronach die nächsten Jahre entwickeln wird. Er hat mich schon einmal überrascht, vielleicht gelingt es ihm ja noch öfter.